Vor fünfzehn Millionen Jahren schießt ein Meteoritenschwarm auf die Erde zu. Seine Trümmer streifen Mitteleuropa mit verheerender Energie. Im Zentrum der Kollision, zwischen dem heutigen Schwarzwald und dem Bayerischen Wald, wird das gesamte Wassernetz zerstört. In der neuen Landschaft, die das himmlische Ereignis hinterlässt, sucht sich die Urdonau sehr viel später einen Weg. Mehrmals ändert sie ihren Verlauf. Aber die Trümmer aus dem All haben Weichen gestellt, dass sie von Westen nach Osten fließen muss – einmalig im gesamten europäischen Abflusssystem. So wurde die Donau – durch Zufall und Zwangsläufigkeit – das, was sie heute ist: mit zehn Anrainerstaaten Europas internationalster Wasserweg. Ein breites Band zwischen der westlichen Welt und dem Orient.
Kamera: Meinolf Schmitz, Predrag Popovic, Mihai Preda, Rainer Komers
Schnitt: Eva Voosen
Redaktion: Hans Helmut Hillrichs
Strom der Glückseligkeit haben die Skythen die Donau genannt. Sie schenkte den Völkern an ihren Ufern Fruchtbarkeit im Überfluss, ein weit verzweigtes Wassernetz, eine große Beweglichkeit. Und mit der neusteinzeitlichen Vinca-Kultur auf dem Balkan vielleicht sogar den Anfang einer Schrift, die Morgendämmerung der europäischen Zivilisation.
Aber es gibt auch die dunklen Seiten der Donau, genügend geologische und historische Abgründe, die dieser Strom auf seiner weiten Reise vom Schwarzwald bis zur Mündung ins Schwarze Meer überwinden muss. Sie beginnen gleich in seinem unübersichtlichen Quellgebiet. Kaum ist die Donau entsprungen, da verschwindet sie schon wieder im Untergrund. Dahinter verbirgt sich der Rhein, ihr größter Konkurrent. Er gräbt der Donau das Wasser ab. Seit dem Römischen Reich waren alle Großmächte Europas am Mittellauf der Donau interessiert. Die vielen Völker, die hier versammelt sind, haben Sternstunden der Menschheit miterlebt, aber noch häufiger das Gegenteil davon: Bruderkriege, Nationalismus und blinde Gewalt, bis in die jüngste Gegenwart. Jederzeit und überall war und ist diese Stromlinie der Geschichte für überraschende Veränderungen gut.